Wenn klar ist, dass alles, was frau tut, freiberuflich
künstlerischer Natur ist, ist sie fein raus und hat keinen Ärger mit
Organisationen wie der IHK. Aber häufig tanzt mann ja auf vielen
Hochzeiten gleichzeitig, betreibt vielleicht ein bisschen
Merchandising, vielleicht sogar mit einem Internet-Shop. Dann
besteht die Gefahr, dass die gesamte Tätigkeit als gewerblich
eingeordnet wird. Und deshalb ist die Unterscheidung so wichtig.
Will frau das Risiko reduzieren, ist es sehr sinnvoll, den
gewerblichen Bereich sehr klar auszugliedern in einer eigenen
Rechtsform, z.B. in einer UG.
Wenn eine Chefin leitend und verantwortlich tätig ist auf Grund
eigener Fachkenntnisse, so führt die Mitwirkung fachlich
vorgebildeter Mitarbeiter nicht zu einer Einstufung als Gewerbe. Sie
muss allerdings die fachliche Verantwortung für jeden einzelnen
Auftrag behalten. Beispiel: eine freiberufliche
Englisch-Übersetzerin kann zwar unschädlich Leistungen einer
begrenzten Zahl von Englisch-Übersetzern dazu kaufen, nicht aber
Übersetzungen aus dem Suaheli, das sie selbst nicht beherrscht.
Warum ist die Frage wichtig?
Gewerbetreibende müssen im Gegensatz zu Freiberuflern
1
ihr Gewerbe anmelden, einen Gewerbeschein beantragen,
2
Gewerbesteuer zahlen,
3 Buchführung
nach Vorgaben machen, d.h. eine doppelte Buchführung, zumindest eine
Steuer-Bilanz erstellen,
4 Mitglied
der IHK werden,
5 Mitglied der
Berufsgenossenschaft werden
6 mit
Sicherheitsprüfungen ihrer betrieblichen Einrichtungen rechnen
zu 1: kostet z.B. in Berlin 26 €,
zu 2: Gewerbesteuerpflicht ab
35.000 € Umsatz
zu 3: Eine Bilanzpflicht haben Gewerbetreibende ab einem Jahresgewinn von 50.000 € oder ab
einem Umsatz von 500.000 €. Aufstellen (einer Handelsbilanz und)
einer Steuerbilanz. Dabei sind die Grundsätze ordnungsgemäßer
Buchführung und ordnungsgemäßer Speicherbuchführung zu
beachten.
zu 4: Mitgliedsbeitrag
zu 5: nach Betriebseröffnung
/Gewerbeanmeldung, Mitgliedsbeitrag abhängig von der Lohnsumme
zu
6: Gewerbeaufsichtsamt, Berufsgenossenschaft etc. können Prüfungen
vornehmen
All die, die Gesellschafter z.B. einer GmbH, einer
Stillen Gesellschaft, einer AG oder einer Limited sind (nicht aber
einer GbR oder einer Partnerschaftsgesellschaft) sind schon von der
Rechtsform her Gewerbetreibende.
Betreibt ein (auch
gemeinnütziger) Verein einen wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (z.B.
eine Kneipe), wird der Verein gewerblich tätig.
Von daher ist es meist wünschenswert, als Freiberufler tätig
zu sein und nicht als Gewerbetreibender.
Denn:
1
Gewerbesteuer fällt bei Freiberuflern nicht an. (§18,Abs.1, Nr. 1,
EStG - dort Aufzählung aller „Freien“ Berufe). Das
Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 15. Januar 2008 – 1 BvL
2/04 hat das bestätigt. Die Befreiung von der
Gewerbesteuerpflicht sei mit dem Gleichheitsgrundsatz zu
vereinbaren.
2 Nicht von der
Buchführungspflicht betroffen sind Freiberufler und selbstständig
Tätige. Sie dürfen ihren Gewinn mit Hilfe der
Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln.
Freiberufler
unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Die Abgrenzung zwischen
freiberuflicher Tätigkeit und Gewerbebetrieb ist leider schwierig.
Das ausschlaggebende Entscheidungskriterium ist die geistige,
schöpferische Arbeit, die bei einer freiberuflichen Tätigkeit im
Vordergrund steht.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören
insbesondere zu der freiberuflichen Tätigkeit
die selbstständig
ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische,
unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit
die selbstständige
Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte,
Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure,
Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater,
beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer
(vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten,
Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten,
Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen (sog.
Katalogberufe) und
den Katalogberufen ähnliche Berufe.
Damit ein Beruf dem Katalogberuf ähnlich ist, muss er in
wesentlichen Punkten mit diesem übereinstimmen. Dazu gehört, dass
Ausbildung und die berufliche Tätigkeit selbst mit dem Katalogberuf
vergleichbar sind.
Die Finanzämter überbieten sich in der
Definition von Kunst: z. B. nicht rein handwerksmäßig, Vorbildung,
Eigenartigkeit, Qualität, eigenschöpferisch, Gestaltungshöhe.
Künstlerisch - und damit freiberuflich - sei eine Leistung u.a.
immer dann, wenn sie eigenschöpferisch ist, die individuelle
Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und über
eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse
Gestaltungshöhe erreicht wird. Beteiligung an Festivals und
Mitgliedschaft in Berufsverbänden können ebenfalls von Bedeutung
sein.
Alle anderen Tätigkeiten, die nicht in § 18 Abs. 1
EStG aufgeführt sind oder zu den "ähnlichen Tätigkeiten" zählen,
sind gewerblicher Art.
Künstler und Publizisten zählen also
zu den „Freien Berufen“.
Zu einzelnen künstlerischen Berufen hier
einige Details:
Coaching/Trainer: Einzelcoaching gewerblich,
Gruppentraining freiberuflich
Conferencier, Show- und
Quizmaster: Verbindung von Sprechen oder Ansage mit einer optischen
Darbietung – künstlerische Darbietung mit ausreichender
Gestaltungshöhe BFH, BStBl II 1977 S. 459 und FG Berlin EFG 1990, S.
521
Designer: künstlerische Tätigkeit, BFH
23.8.1990 IV R61/89 und BFH 14.12.1976, VIII R 76/75
Dirigent: freiberuflich, wenn Darbietung bestimmten
Qualitätsstandard erreicht BFH 19.8.1982, IV R 64/79
Fernsehansager: künstlerische Tätigkeit, FG Berlin
5.1.1967, I 123/63
Filmhersteller: Freier Beruf,
wenn an allen Tätigkeiten selbst mitwirkend BFH 2.12.1980, VIII
R32/75
Fotodesigner: künstlerische Tätigkeit
BFH 14.12.1976 VIII R 76/75
Fotograf:
künstlerische Tätigkeit BFH 7.10.1971 IV R 139/66
Grafiker: künstlerische Tätigkeit BFH11.7.1960 V
96/59
Kameramann: Freiberuflich als
selbständiger, aktueller Bildberichterstatter (Journalistenähnlich)
BFH 17.12.1964 IV 223/63; Freiberufler als Mitwirkender bei der
Herstellung von Filmen (künstlerische Tätigkeit) BFH 7.3.1974 IV R
196/72
Kunsthandwerker: Freier Beruf
(künstlerische Tätigkeit), sofern von ihm selbst entworfene
Gegenstände herstellt BFH 26.9.1968 IV 34/64, BFH IVR15/0 Urteil
11.7.1991
Magier (Zauberkünstler): Freier Beruf
(künstlerische Tätigkeit) bei ausreichender Gestaltungshöhe, FG
Rheinland-Pfalz 13.12.1984 3 K 244/83
Maler (Kunstmaler):
Freier Beruf (künstlerische Tätigkeit), wenn er weisungsungebunden
Bilder mit persönlicher Note und selbständiger Qualität als
künstlerisches Erzeugnis malt FG Berlin 28.5.1974 V67/73 und BFH
14.8.1980 IV R 9/77
Maskenbildnerin ist nach B 2
HwO als gewerblich einzustufen. Viele sind dennoch freiberuflich
tätig, weil sie sich als Make-Up-Artisten/Visagisten
bezeichnen.
Dazu hier mehr.
Model: gewerblich
Modeschöpfer (beratender):
Freier Beruf (künstlerische Tätigkeit), wenn im übrigen als Künstler
anerkannt BFH 2.10.1968 IR 1/66
Rätselhersteller:
schriftstellerische Tätigkeit FG Düsseldorf 11.12.1970 X 68/69
Rundfunksprecher/Moderator: Bei eigener schöpferischer
Leistung (z.B. Hörspiel), BFH 24.10.1963 V 52/61
Schauspieler: bei Werbespots nur, wenn sie als
eigenschöpferische Leistung zu werten ist; in der Regel ist
Werbetätigkeit nicht freiberuflich. BFH 11.7.1991 IV R 33/90
Einnahmen von aus Werbefilmen oder Werbefotos sind gewerblicher Art.
Das
Urteil vom 2. April 2008 (Az.:3 K 2240/04) des Finanzgerichts
Rheinland-Pfalz sieht die Tätigkeit eines Werbespot-Sprechers als
gewerblich an; freiberuflich als Synchronsprecher bei ausländischen
Filmen, BFH 3.8.1978 /12.10.1978 VI R 212/75
Steinmetz:
künstlerische Tätigkeit RFH 25.1.1939 VI41/39
Tanzstudio
Ballett freiberuflich, Tanzschule (Standard oder "Mode-"Tänze)
gewerblich
Tanz- und
Unterhaltungsmusiker: ab einem gewissen Qualitätsstandard
BFH; 19.8.1982
Textilentwerfer: künstlerische
Tätigkeit BFH 7.11.1963, FG Düsseldorf 25.10.1966
Tonkünstler (Techniker): künstlerische Tätigkeit: FG Berlin
30.9.1986 V 386/85
Trauerredner: freiberuflich,
wenn der Redner nicht in der Masse der Fälle nach Redeaschablonen
verfährt BFH 29.8.1981 I R 183/79
Visagist:
künstlerische Tätigkeit, FG HH 19.8.1992 III 374/88
Werbefotograf: bei Erreichen einer gewissen Gestaltungshöhe BFH
14.12.1976
Werbeschriftsteller:
schriftstellerische Tätigkeit bei eigenverantwortlichem Inhalt, BFH
14.5.1958 IV 278/56
Werbetexter:
schriftstellerische Tätigkeit FG Nürnberg 2.7.1980 V 193/79
Zauberer: kann in Einzelfällen künstlerische
Tätigkeit sein, FG Rheinland-Pfalz, FG Niedersachsen
(teilweise nach:
Engel/Oberlander, s.u.)
Ob es sich um Künstler handelt,
ist bei Schauspielern weniger strittig, wohl aber bei Artisten
(gewerblich BFH 16.3.1951), Zauberern, Gauklern, Unterhaltern etc.,
deshalb von vornherein bei „Berufsbezeichnung“ auf der ESt-Erklärung
„Schauspieler“ eintragen, dann gibt’s keine, sonst viele Probleme.
Theater ist kein Gewerbe. Puppenspieler im Stile von „Kaspar im Zelt
auf der Festwiese“ dagegen schon, genauso wie Zirkus.
Schauspieler, die auf der Messe oder als Fotomodell
jobben, werden von Agenturen gedrängt, ein Gewerbe
anzumelden – weil die Agenturen den Problemen der
Scheinselbständigkeit aus dem Wege gehen wollen. Wenn sie als
Propagandist weisungsungebunden arbeiten, ist die Anmeldung richtig.
Wenn sie als Künstler und selbständig arbeiten, ist sie falsch.
Die Reisegewerbekarte kommt in Frage für
selbständige, unterhaltende Tätigkeit nach Schaustellerart.
Theatercafé, Bistro, Diskothek im Theater o. ä. kann
Gewerbesteuerpflicht auslösen, wenn dieser Geschäftszweig einen
erheblichen Umfang annimmt. Wenn der Umfang gering ist, reicht eine
getrennte EÜR und die Abführung der USt.
Das Verpachten oder
Vermieten der Gastronomie durch einen Kulturbetrieb
macht meist nur Sinn für gemeinnützige Vereine – für die sind die
Pachteinnahmen meist keine gewerblichen Einnahmen, sondern gehören
zum Vermögen.
In dem oben erwähnten Urteil hat das
Bundesverfassungsgericht erklärt, dass die gesamten Einkünfte einer
Personengesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten und
damit der Gewerbesteuer unterliegen, wenn die Gesellschaft auch nur
teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Wichtig ist also, dass
beispielsweise eine GbR, die künstlerisch-freiberuflich arbeitet,
für die zweite, gewerbliche Tätigkeit (Merchandising, Einnahmen aus
Sponsoring) eine zweite, getrennte GbR gründet. Nur 3 %
"Hilfsgeschäfte" (Verkauf des ausgemusterten BetriebsPKW's) werden
in den meisten Fällen von den Finanzämtern geduldet.
Beispielsweise kann ein Schriftsteller sein Buch selbst verlegen und
es auf Lesungen verkaufen, wenn Selbstverlag und Eigenvertrieb sich
auf eine ”der schriftstellerischen Tätigkeit dienende Funktion”
begrenzen und keine ”neue Erwerbsgrundlage darstellen”. ”Die bloße
Verwertung eigener schriftstellerischer Erzeugnisse im Rahmen des
Üblichen”, so das Urteil des BFH vom 11.05.1976 (AZ VIII R 111/71),
”ist . . . in der Regel der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen”.
Erst wenn die "zu diesem Zweck geschaffene organisatorische
Einrichtung" darüber hinaus geht und "eine neue Erwerbsgrundlage
darstellt" oder wenn der Verkauf zu einem "gewerblichen
Massenvertrieb" wird, wird der Autor zum Gewerbetreibenden.
Abmeldung Gewerbe
Wer irrtümlich ein
Theater als Gewerbe angemeldet hat, hat es u.U. schwer, es wieder
abzumelden. Dann sollte frau es mit folgender Argumentation
versuchen: ‚Wir sind kein Theater mit Gastspielbetrieb, wir sind
eine Gruppe von Schauspieler, die selbst eigenschöpferisch tätig
sind, aber nicht als Händler. Und Schauspieler sind Freiberufler.
Schauspieler gehören nach der Definition des BFH zu den
Tätigkeitsberufen (künstlerische Tätigkeit): BFH Urteil vom
14.8.1980 IV R 9/77 und vom 29.7.81 IR183/79 und ESt Gesetz § 18 Abs
1 Nr. 1’. Und Schützenhilfe vom Kulturamt holen.
Gewerbe-Abmeldung nach § 14 GewO oder § 55 c GewO kann in Bayern mit
folgendem Formular geschehen, ansonsten auf der Website der Kommune,
des Landkreises, des Bundeslandes nachschauen
http://www.stmwivt.bayern.de/pdf/wirtschaft/GewA3.pdf
Die Gewerbeabmeldung muss in der Regel persönlich erfolgen, weil
meist eine Gebühr zu bezahlen ist, vor allem, wenn frau eine
Bestätigung haben will. In der Gewerbeabmeldung als Grund
"irrtümliche Anmeldung" und als Datum das Datum der Gewerbeanmeldung
einsetzen.
Anschließend kommt ein Vordruck vom Finanzamt,
die wissen wollen, ob bei der Firmenauflösung noch was verdient
wurde (Verkäufe von Firmeninventar usw.).
Dazu muss zumindest
eine Einnahme/Überschussrechnung erstellt werden. Auf die
Vorlage einer Schlussbilanz kann das Finanzamt verzichten, wenn
dargestellt werden kann, dass dadurch dem Staat nichts verlorengeht.
Zur Gewerbesteuer:
Gewerbesteuer
hängt vom Gewinn ab. Freibetrag bei Personengesellschaften oder
Einzelunternehmern 24.500 €, bei Vereinen 5.000 €. Gewerbesteuer
wird wie Umsatzsteuer von der Gesellschaft gezahlt, nicht vom
Gesellschafter. Unter dieser Grenze auch keine doppelte Buchführung,
kein Handelsregistereintrag, wenig oder kein Beitrag bei der IHK.
Der Wechsel zu dieser Doppelten Buchhaltung muss erst nach
Aufforderung durch das Finanzamt erfolgen. Bei gemeinnützigen
Vereinen beziehen sich diese Grenzen nur auf die steuerpflichtigen
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe.
Im teuren Frankfurt/Main
zahlte frau fast 15 % Gewerbesteuer bei 100.000 € Gewinn. Bei einem
Hebesatz von 400 % beträgt die Gewerbesteuer knapp 30 %,
durchschnittlich rund 28 %.
Literatur:
Detzel, Thomas, Engel, Stefan / Oberlander, Willi u.a.:
Freier Beruf oder Gewerbe? Eine Orientierungshilfe für Gründer,
Institut für Freie Berufe, Nürnberg 6. Auflage (Stand: Januar 2006)
€13,-, Institut für Freie Berufe,
sigrid.albrecht@ifb.uni-erlangen.de
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