Künstler haben Mitarbeiter
aber wie?
Angestellt oder
frei?
legal, illegal, Grauzonen
Steuern, Sozialversicherung,
Verträge...
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Mitarbeiter ist ein vielschichtiger Begriff:
Er
bezeichnet noch keine rechtliche Stellung. Ob man ihn (z.B. in
Verträgen) so nennt oder anders, ist – wenn es hart auf hart kommt
(und das bedeutet vor dem Arbeits-, Finanz oder Sozialgericht) –
letztlich schnuppe. „Freier auf Honorarbasis“, "training-on-the-job",
"Volontär", "freier Mitarbeiter", "free lancer" oder gar
"Praktikant" sind Bezeichnungen, die allesamt keinerlei
Rechtsansprüche auf gar nichts eröffnen. Das Etikett bringt ’s
nicht. Und der Vertrag, in dem das Etikett benutzt wird, auch nicht.
Wichtig ist, wie es im täglichen Arbeitsablauf aussieht:
Beschäftigte, die in die betriebl. Organisation eingegliedert und
damit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen, gelten auch
dann als Arbeitnehmer, wenn sie im Arbeitsvertrag als freier
Mitarbeiter bezeichnet sind. Bundessozialgericht Kassel 5 AZR
1066 / 94
Dieser Arbeitsablauf kann von staatlichen Stellen
überprüft werden, um herauszufinden, welche rechtliche Stellung der
Mitarbeiter nun hat.
Es gab Fälle, bei denen die Tatsache,
dass der Regisseur sagte, ‘Ihr müsst morgen früh um 10 für Proben
auf der Matte stehen’, zu der Entscheidung führte: dieser
Schauspieler ist nicht selbständig tätig, sondern eben abhängig und
weisungsgebunden als Arbeitnehmer auf Lohnsteuerkarte zu
beschäftigen.
Die Überprüfung wird im
Sozialversicherungsbereich von den Einzugsstellen der
Landesversicherungsanstalten vorgenommen. Sie droht häufig dann,
wenn ein Mitarbeiter mit einem dubiosen Honorarvertrag in die KSK
aufgenommen werden möchte oder wenn eine Mitarbeiterin Ärger mit dem
Unternehmen hat und sich gegen den Rausschmiss vor dem
Arbeitsgericht wehrt oder wenn ein Mitarbeiter bei der DRV (Deutsche
Rentenversicherung, früher BfA) klären lässt, was er nun ist, Fisch
oder Fleisch, selbständig oder abhängig.
Anhaltspunkte für
eine Sozialversicherungspflicht liegen dann vor, wenn drei von den
folgenden 5 Kriterien erfüllt sind:
·
Der Beschäftigte beschäftigt nicht selbst regelmäßig mindestens l
Arbeitnehmer (450 €-Jobs gelten nicht, wohl aber
Familienangehörige).
· auf Dauer
und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig (wer 5/6 seines
Gesamteinkommens von einem Auftraggeber bezieht, ist nur für 1
tätig!)
· Auftraggeber lässt
solche Jobs regelmäßig so verrichten.
·
Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns
vermissen (Werbung, Gewinn, Risiko).
·
Tätigkeit wurde vorher im Angestelltenverhältnis ausgeübt.
Sollte die DRV bei einer Überprüfung feststellen, dass die
Tätigkeit, die frau auf Honorarbasis geregelt hat, tatsächlich eine
Arbeitnehmertätigkeit ist, wird das gezahlte Honorar als Nettolohn
begriffen, d. h. der Arbeitgeber allein muss sämtliche Lohnsteuer
und Sozialversicherungsabgaben für 4 Jahre nachentrichten. Der
Arbeitnehmer erhält eventuell zu viel gezahlte ESt zurück und wird
für die Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend für maximal 3 Monate
zur Kasse gebeten.
Wie bekannt, ist die Beschäftigung von
Arbeitnehmern teuer. Im Theaterbereich kostet sie für AG und AN
zusammen rund 53 %.
Vor dem Arbeitsgericht kann frau u.U. einen
Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch etc. erstreiten.
Es ist
also wichtig, diese Fragen vor Beginn der Beschäftigung zu klären.
Klar ist die Sache, wenn die Mitarbeiterin Gesellschafterin in
einer (kleinen) Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist.
Völlig
unklar ist die Sache, wenn die Chefin sagt: „Ach, schreiben Sie mir
doch einfach hinterher ne Rechnung, aber mit MWSt. Die zahlen wir
natürlich auch.“ Hört sich gut an, ist auch ein weiterverbreiteter
Irrtum vor allem bei Messeagenturen, ist aber MURKS:
1.
gibt es keinen Vertrag, der irgendeinen Anspruch beweisen könnte
2. gibt es keinen Versicherungsschutz, auch nicht bei
Unfällen
3. optiert die Mitarbeiterin unwissentlich
für die Umsatzsteuerpflicht, obwohl sie auf Grund ihres geringen
Jahresumsatzes von unter 17.500 € gar nicht umsatzsteuerpflichtig
ist, und bleibt daran 5 Jahre gebunden und hat dadurch einen
Wettbewerbsnachteil.
Es nützt auch gar nichts (auch das
ist weit verbreitete Praxis), wenn frau in den Vertrag rein
schreibt:
Beide Vertragsparteien sind sich einig, dass es
sich bei der Tätigkeit um eine freie Mitarbeit auf Honorarbasis
handelt, dass A seine Tätigkeit selbst versteuert und sich selbst
versichert, dass kein Anspruch auf Urlaubsgeld oder Honorarzahlung
im Krankheitsfall besteht.
Im Gegenteil, dass kann Prüfern
deutlich machen, dass hier ‚auf Deubel komm raus’ getrickst werden
soll.
Einfach und legal ist ein Auftrag oder Vertrag:
·
für einen Komponisten, Autoren, Fotografen etc.
·
für Kostüm- und Bühnenbildner, Regisseuren, Dirigenten,
Choreographen, wenn sie nur für ein Stück arbeiten,
·
für Stars mit herausragender Stellung im Ensemble ohne
Probenverpflichtung, wenn sie nur für ein Stück arbeiten,
Schwierig wird’s bei Bühnentechnikern: Sie können zwar einen Auftrag
wie ein Schmied oder Schreiner bekommen, müssen sich dann aber
genauso teuer selbst versichern wie andere Nicht-Künstler auch und
ein Gewerbe anmelden, einen Betrieb aufmachen. Genauso „Hands“ oder
„Roadies“, wobei diese Personengruppe ja nun wirklich überfordert
ist, als Unternehmer zu fungieren.
Schwierig ist es bei
Schauspielerinnen, Sängern, Musikerinnen und Tänzerinnen: Sie gelten
prinzipiell als weisungsgebunden und müssen abhängig auf
Lohnsteuerkarte beschäftigt werden.
Da gibt es eine klare
Ausnahme: Schauspieler, die mit ihrem eigenen SOLO-PROGRAMM
(Tucholsky-Abend, Stepp-Nummer, Faust 2. Teil) kommen, sind
selbständig.
Und wenn Eure Inszenierung ein Nummernprogramm wie
im Variete ist, dann würde das gehen.
Diesen Schritt wollen
aber viele Theater, Tanzcompagnien und Orchester nicht gehen, aus
ästhetischen Gründen, aber auch, weil sie wollen, dass im Vertrag
drin steht, dass Schauspieler B den Romeo spielt, und nicht, dass B
mit seiner Solo-Performance „der ganze Shakespeare in 30 Minuten“
mitwirkt. Und weil sie wollen, dass der Regisseur ihm sagt, wie er
den Romeo zu spielen hat.
Aus dieser Zwickmühle gibt es
strenggenommen keinen Ausweg.

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Alle Rechte: Stefan Kuntz
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